Die Herzroute
Die Herzroute von Lausanne nach Rorschach gehört zu den schönsten Velotouren unseres Landes. Sie führt fern von Hektik und Verkehr auf gut ausgeschilderten Velowegen und wenig befahrenen Strassen durch die voralpine Schweiz. Die Route windet sich durch die sattgrüne Hügellandschaft, gerade so, als wolle sie nichts von all dem Schönen und Sehenswerten entlang der Strecke auslassen. Und so ist auch bei dieser Veloreise diagonal durch das Land – wie oft im Leben – der Weg das Ziel.
In sanftem Auf und Ab geht es durch Wälder und Wiesen, entlang von Flüssen und Seen und vorbei an hübschen Dörfern, malerischen Städtchen und prächtigen Bauernhöfen. Auf der 700 km langen Veloreise geniesst man stets aus einer neuen Perspektive einen herrlichen Blick auf die schneebedeckten Alpen.
Die Hügellandschaften sind im Vergleich zu den Bergen im Hintergrund sanft. Damit auch genussorientierte Velofahrer die 12'000 Höhenmeter der dreizehn Etappen mühelos bewältigen und ohne Anstrengung geniessen können, empfehlen sich Elektro-Bikes; Stationen für Miete und Akkuwechsel gibt es entlang der Strecke. So kann jede und jeder diese wunderschöne Veloreise vom Genfer- zum Bodensee unbeschwert geniessen.
Herzroute West | Lausanne – Langnau im Emmental
Schon die ersten Meter der Herzroute lassen die Herzen höherschlagen: Zwar ist es auf den noblen Quais in Lausanne noch topfeben, aber der Blick über die Weite des glitzernden Genfersees bis zu den schneebedeckten Alpen ist einfach atemberaubend. Bald verlässt die Route die Stadt, steigt leicht an und führt als wahrer Panoramaabschnitt durch die Weinbergterrassen des Weltkulturerbes Lavaux.
Bald verlässt sie die Region Genfersee und wechselt hinüber ins Fribourgische. Romont – ‘runder Hügel’ – thront wahrlich auf einem runden Hügel und ist von einer historischen Mauer umgeben. Nicht nur die pittoreske Altstadt, auch das Museum für Glasmalerei ist einen Besuch wert. Vom glitzernden Glas geht es weiter zu den glitzernden Seen im Dreiseenland mit den geschichtsträchtigen Städtchen Avenches und Murten. Abseits der grossen Seen liegt in der Nähe der Kathedralenstadt Fribourg der wenig bekannte Schiffenensee. Schmal wie ein Fjord liegt er zwischen den Ufern. Und während man seinen Wassern entlang Laupen entgegenradelt, meint man fast, im hohen Norden Europas unterwegs zu sein.
Herzroute Highlights | Laupen - Zug
Die Strecke windet sich nun durchs Berner Hinterland und steigt zum Längenberg hinauf. Wohl dem, der gute Kondition oder ein E-Bike hat. Hoch oben wird man mit einer fantastischen Sicht auf die Alpen und den Jura belohnt, und wenig später breitet sich zu der tiefblaue Thunersee zu Füssen der Radler aus. Doch das Schönste kommt noch! Via Riggisberg saust man nun abwärts Thun entgegen. Man sollte es vor lauter Abfahrtsspass nicht versäumen, ein Auge für die märchenhafte Landschaft um Amsoldingen zu haben.
Das Moränengebiet des Entlengletschers mit seinen Sümpfen und Mooren ist ein bezauberndes, geheimnisvolles Naturparadies. Ein Abstecher zu Fuss lohnt sich unbedingt. Hier holt man sich die nötige Ruhe und Energie für die Königsetappe am nächsten Tag. 65 Kilometer und 1870 Höhenmeter gilt es zu bewältigen. Der Aufstieg von Thun, dem Tor zum Berner Oberland, nach Heiligenschwendi schenkt ein. Doch oben angelangt fühlt man sich fast ein wenig wie ein Adler, der hoch über dem See kreist.
Wieder im Sattel saust man ins Tal hinunter und durch die schattigen Wälder des Eriz vom Berner Oberland hinüber ins hügelieg Emmental. Welche eine zauberhafte schweizerische Urlandschaft! Wer sich für ein E-Bike entschieden hat, freut sich spätestens hier über den Entschluss.
So lässt es sich entspannt Hügel um Hügel erklimmen und die Sicht auf die Alpengipfel und den Jura in vollen Zügen geniessen. Vorbei an stattlichen Höfen mit weit hinuntergezogenen Dächern rollt man schliesslich hinab ins mittelalterliche Städtchen Willisau, wo man sich mit den schweizweit bekannten Ringli als Proviant für die nächsten Etappen eindecken kann.
Geradezu gemächlich rollt man von Willisau Richtung Zug. Die Route führ vorbei am historischen Städtchen Sempach, das jedem aus dem Geschichtsunterricht ein Begriff sein dürfte. Die Schlacht bei Sempach 1386, die den Höhepunkt des Konfliktes zwischen den Eidgenossen und den Habsburgern darstellte, ging wohl an keinem Schweizer Schulkind vorbei.
In Zug dann wieder Quai-Feeling wie schon beim Start in Lausanne, nur etwas beschaulicher. Und beim Blick über den See erspäht man nicht die Walliser Alpen, sondern die Rigi. Kirschbäume und hübsche Kapellen am Wegesrand prägen das Landschaftsbild. Ein aussichtsreicher Aufstieg führt hinauf nach Unterägeri. Wie auf einem gewellten Hochplateau pedaliert man durch die malerische Landschaft in der Region des Ägerisees, vorbei am zauberhaften Hochmoor von Rothenthurm, in dem seltene Tiere und Pflanzen zu Hause sind.
Und weiter über den Chatzenstrick, einen alten Pass- und Pilgerweg, nach Einsiedeln mit dem weltbekannten, prunkvollen Kloster. Wer die Willisauer Ringli schon verzehrt hat, stockt hier den Proviant mit den feinen Einsiedler Schafböcken auf, einem himmlischen süssen Honigteiggebäck, das es auch, für Velofahrer sehr praktisch, als kleine Kuchen gibt. Via Sihlsee strampelt man hinauf zum höchsten Punkt der Herzroute und wird mit einer rasanten Abfahrt hinunter zum Zürichsee belohnt. An seinem Ostende empfängt Rapperswil die wackeren Radreisenden mit seinem südländischen Charme.
Herzroute Ost
Auch das Zürcher Oberland wartet mit zauberhaften Feuchtgebieten und natürlich mit Hügellandschaften auf, die es in sich haben, man soll ja nicht aus der Übung kommen. Stolz thront der Bachtel mittendrin und blickt weit über den Zürichsee zu den Alpen. Die Route führt dann durch das schattige, stille Tösstal und – es geht wieder bergauf, wer sagt’s denn? — über das voralpine Goldingertal und den Ricken ins Toggenburg.
Das Toggenburg mit seinen Seitentälern hat so manches Kleinod zu bieten. Im kleinen Ort Krinau kann man sich an den wunderschönen, gepflegten historischen Häusern kaum sattsehen. Kunst- und Kulturfans unter den Herzrouten-Radlern werden sich die Kammern des Toggenburg nicht entgehen lassen: seltene bäuerliche Blockwandmalereien aus der Renaissance in alten Häusern, die z.T. unter Denkmalschutz stehen. Bald geht es über die stille Thur, und bald schon taucht der Säntis am Horizont auf. Der beliebte, majestätisch Aussichtsberg rückt mit jeder Pedalumdrehung näher und heisst die Velofahrer im Appenzellerland willkommen. Wobei genau diese Pedalumdrehungen es in sich haben.
Das Appenzellerland schenkt den wackeren Radlern mit seiner aufgeworfenen Topografie rein gar nichts. Schliesslich jedoch ist der hochgelegene Etappenort Herisau erreicht, das Eingangstor zur Ferienregion Säntis und Bodensee mit seiner pittoresken Altstadt. Die anspruchsvolle Topografie zieht sich fort, das sensationelle Panorama auf Bodensee und Alpstein ebenfalls.
Doch irgendwann ist es Zeit, dem hügeligen Appenzellerland adieu zu sagen, und man saust via den Aussichtspunkt St. Anton mit Blick über das Rheintal und in die Vorarlberger Alpen hinunter nach Altstätten im Rheintal. Bis zum Ziel der langen Veloreise vom Genfer- zum Bodensee ist jetzt nur noch Ausrollen entlang dem Rhein angesagt. Ausrollen? Bei Gegenwind für E-Biker ein Klacks. Und bei Rückenwind? Da fühlen sich die letzten Kilometer bis in die Hafenstadt Rorschach an wie fliegen – mit Elektromotor genauso wie ohne.