Der zweite Tag hat Erbarmen mit uns: Zumeist folgt der Veloweg der Etsch, dem zweitgrössten Fluss Italiens, und fordert und trotz der 65 Tageskilometer nicht allzuviel ab. Trotzdem spüre ich am Abend meine Beine und meinen Hintern, dafür kaum mehr meine Handgelenke. Wie wohltuend darum die Rast mit dem so genannten «Spritz Apéro», einem typischen Sommer-Apéro aus Venedig, der sich von nun an auf dieser Tour einbürgern sollte. Ein bisschen süss, ein bisschen herb und leuchtend orange: So vielfältig und verführerisch wie unsere Velotour.
Der dritte Tag fällt, so weiss man vom Bergsport, meistens am schwersten. Wohlweislich stehen heute nur 45 km auf dem Programm. Wohlweislich hat mir auch jemand von seinem Geheimmittel gegen Sitzprobleme abgegeben, einer speziellen Crème, die mir tatsächlich das Sitzen auf dem Sattel ein wenig erleichtert. Auch heute ist die Strecke nicht sonderlich anstrengend. Lange fahren wir auf einem Damm entlang dem Fluss Po. Trotz des gemütlichen Tempos darf auch heute hin und wieder ein Kaffeestopp nicht fehlen. Gute Gewohnheiten soll man beibehalten. Das sagt sich wohl auch der «Plattengott», denn auch heute gibt es wieder einen Knall, allerdings beim Reifen eines anderen Tourenteilnehmers. Eine Gast ist schnell mit einem Plattenflickset zur Stelle, holt Klebstoff und sogar Handschuhe hervor, flickt den Platten – hat aber zum Schluss keine Pumpe zur Hand... Doch wir haben Glück: Ein hilfsbereiter Italiener pumpt uns den Reifen auf – nur leider ist der Reifen bereits nach ein paar Metern wieder platt. Trotz erneuter Flickaktion erreichen wir bald unser Tagesziel Ferrara, die bekannteste Fahrradstadt Italiens. Hier ist wirklich jeder auf seinem Drahtesel unterwegs. Und so begeben auch wir uns – trotz müden Beinen und wunden Hinterteilen – per Velo auf die Besichtigung der mittelalterlichen Stadt mit ihrem Wasserschloss, dem Dom und dem jüdischen Viertel.