Bald folgt eine Gegensteigung, die unweit des «Puig d’en Galileu» ihren höchsten Punkt erreicht. Jetzt reisst der Nebel auf, ein weites Tal öffnet sich zu unseren Füssen, dahinter Bergketten, in der Ferne das Meer. Und weit unter uns, sozusagen mit dem Senkblei auszuloten, blitzen aus dem dichten Grün des Waldes die Dächer des Klosters «Lluc». Wären wir Schwalben, würden wir jetzt zum ultimativen Schwebeflug gen Tal ansetzen, zu einem unvergesslichen Segelflug im goldenen Licht des späten Nachmittags. Aber wir sind Wanderer, und zum Glück auf vorbildlich restaurierten, gepflasterten Pilgerwegen unterwegs. Unsere Muskeln sind nicht von Pappe - mit dem Bergläufer, der plötzlich aus dem Nichts über eine Bergkante aus dem Tal heraufkeucht, könnten wir es vielleicht sogar noch aufnehmen; aber wir müssen gestehen, der lange Abstieg auf Serpentinen zum Kloster, haut uns richtig in die Beine. Anderthalb Stunden steiler Abstieg fordern unsere Oberschenkelmuskeln bis zum Letzten. Als uns, zurück aus der Hochgebirgslandschaft, der Steineichenwald kurz vor dem Ziel wieder verschluckt, erlauben wir uns im Schutz der Bäume einen unkontrollierteren Gang, zu dem auch mal ein Stolpern gehört. Die vielen Pilger, die diesen Weg alters her benutzten und ab und zu heute noch nutzen, waren bestimmt nicht eleganter unterwegs; zumal sie wohl weniger im Hier und Jetzt wanderten als wir, die wir jeden Strauch, jede Bergblume und jedes Tier in vollen Zügen geniessen.