Die Via Alpina
Die Via Alpina verläuft entlang der Alpen von Vaduz nach Montreux. Ein Fernwanderweg, der durch sechs Kantone und über 14 der schönsten Alpenpässe führt. Mal wandert man auf breiten Wanderwegen, mal auf luftigen Gratpfaden, passiert modernste Alpbetriebe und einfache Sennereien, wandert durch verwunschene Dörfer und mondäne Ferienorte. Die Landschaft ändert sich stetig, doch atemberaubend bleibt sie allemal, vom ersten bis zum letzten Kilometer der Via Alpina.
Die Via Alpina nimmt nach einem gemütlichen Einstieg schnell Fahrt auf. Viele Abschnitte verlaufen auf alpinen Wegen und erfordern Trittsicherheit, ab und zu ist Schwindelfreiheit von Vorteil. Grundkondition wird für diese lange Tour vorausgesetzt.
Die Via Alpina Ostschweiz
Die vierteilige Via Alpina startet als Via Alpina Ostschweiz in der Ostschweiz, genau genommen in Vaduz im Fürstentum Liechtenstein. Ein Spaziergang zu den modernen Museumsbauten im Stadtzentrum, die so herrlich mit dem Fürstenschloss kontrastieren, und los geht’s auf den Fernwanderweg nach Montreux.
Die Route führt am Fusse des mächtigen Gonzen vorbei, erhascht bald einen Blick auf Schloss Sargans und quert das Haupttal, um den Anstieg ins steile, abgelegene Weisstannental zu beginnen. Verborgene Kleinode gibt es hier zu sehen, etwa den romantischen Champersee. Hier bietet sich eine wohlverdiente Pause an, bevor es weitergeht nach Weisstannen. Abgelegen oder nicht, die Alp Siez bekommt Milch durch eine Pipeline von der Nebenalp zugeschickt, fast wie per Rohrpost. Doch der Innovation nicht genug: Jenseits des Foopasses gibt es eine architektonische Seltenheit zu bestaunen: gestufte Alphütten. Die Wanderer sind jetzt im Glarnerland unterwegs und finden in Elm die wohlverdiente Nachtruhe. Wohlverdient, denn die Strecke hat einiges an Kondition und Trittsicherheit gefordert.
Zwischen Elm und Linthal kommen geologisch Interessierte auf ihre Kosten. Hier liegt der GeoPark, wo anhand der Glarner Hauptüberschiebung die Entstehungsgeschichte der Alpen sichtbar wird, und zwar als seltsame, gut erkennbare Linie entlang der Felswände um den Piz Sardona.
Mit solch geologischem Wissen über die Entstehung der Alpen im Rucksack, kommt man gleich flotter voran auf der Via Alpina. Auf und ab geht es in den Glarner Alpen, zuerst über den Richetlipass nahe der Leglerhütte und dann hinab ins einsame Durnachtal. Von hier aus ist Linthal, der Endpunkt der Via Alpina Ostschweiz, bald erreicht.
Via Alpina Zentralschweiz
Der zweite Abschnitt der Fernwanderung nennt sich Via Alpina Zentralschweiz. Nun geht es von den Glarner Alpen ins Berner Oberland. Die Route führt durch die wildesten Bergregionen der Schweiz. Einige Abschnitte sind anspruchsvoll, lassen aber nichts an Schönheit vermissen.
Gleich zu Beginn zwei Höhepunkte: Von Linthal geht es hinauf zur Sonnenterrasse Brunwald und von dort zur grössten Schweizer Alp Urnerboden. Auf der weitläufigen Fläche unterhalb des Klausenpasses sind stolze 12'000 Kühe zu Hause. Die Via Alpina führt über den Klausenpass und verläuft anschliessend auf einem Höhenweg hoch über dem Schächental, nur um bald steil bis in den Talgrund nach Unterschächen abzusteigen. Auf einen Transfer folgt eine Kurzwanderung bei Altdorf, dann lassen sich die Wanderer von einer Seilbahn nach Brüsti hoch bringen und wandern auf einem Grat über den geschichtsträchtigen Surenenpass nach Engelberg. Zwei Höhenstufen über dem Klosterdorf liegt am Fusse des Titlis wunderschön der glitzernde Trübsee.
Von hier wandert man über den Jochpass ins Berner Oberland zur Engstlenalp, der ein idyllischer See, weidende Kühe und unzählige Alpenrosen Charme verleihen. Der dritte See in kurzer Zeit auf dieser Strecke liegt auf der Tannalp, auf der es ein Gasthaus und eine Käserei gibt, wo man sich herrlich verpflegen kann.
Mit Alpkäse und Kuchen gestärkt, nimmt man die Gratwanderung übers Balmeregghorn mit Blick auf das Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau in Angriff. Zwerg Muggenstutz und ein Skulpturengarten sogen für Abwechslung auf dem letzten Wegstück nach Meiringen, wo die Via Alpina Zentralschweiz endet.
Via Alpina Bärentrek
Via Alpina «Bärentrek» heisst der dritte Abschnitt der Fernwanderung von Vaduz nach Montreux. Jetzt befinden sich die Wanderer in der spektakulären Region von Eiger, Mönch und Jungfrau. Einst war sie weglos, nur wilde Tiere, wohl auch Bären, konnten sie begehen. Daher auch der Name «Bärentrek». Obwohl die Gegend heute mit einem Netz bestens ausgebauter Wanderwege ausgestattet ist, sollten Wanderer stets Vorsicht walten lassen. Einige Pässe, abschüssige oder enge Stellen gilt es noch immer zu passieren.
Die Tour startet in Rosenlaui und führt über die Grosse Scheidegg nach Grindelwald. Atemberaubend das Panorama von Eiger, Mönch und Jungfrau. Gerne erinnert man sich daran, dass die charismatischen Berge schon früh Bergsteiger anzogen und ihre Schönheit den Tourismus in die Region brachte. Von Grindelwald wandert man hinauf zur Kleinen Scheidegg und nimmt den sonnigen Höhenweg nach Wengen.
Wer dann mit Blick auf die Wasserfälle ins Tal abtaucht, erinnert sich daran, dass Lauterbrunnen eben genau das meint: Hier hat es «lautere Brunnen», «lauter» steht für «klar» und «Brunnen» für «Quellen». Kein Wunder, sprudelt und gurgelt es in diesem Tal allenthalben. Steil sind die Felswände hier, und manch’ ein Wanderer ist froh, mit der Bahn hinauf nach Mürren zu gelangen. Zu Trekken gibt’s danach noch genug: Die Route führt über die Sefinenfurgge durch eine wahrhaft alpine Szenerie zur Griesalp im hinteren Kiental, einem Seitental des Kandertals.
Nun ist es Zeit für die Königsetappe. Der lange, steile Aufstieg zum Hohtürli, dem Passübergang zwischen Kiental und Kandertal, fordert von den Wanderern einiges ab. Zum Glück kann man sich auf der Blüemlisalphütte mit feinen regionalen Spezialitäten stärken. Auf den Moränen des Blüemlisalpgletschers wandert man danach zum Öschinensee hinunter, der spektakulär von steilen Felswänden umgeben ist. Ein Bad im kühlen Bergsee kann angenehm erfrischen, und die letzten Kilometer hinunter nach Kandersteg verfliegen im Nu.
Doch die nächste Etappe hat es ebenfalls in sich: Zwar bringt die Seilbahn die Wanderer hinauf zur Allmenalp, dann aber folgt ein Anstieg zur Bonderchrinde, der es in sich hat, sich aber lohnt: Der Rundblick auf das Alpenpanorama ist einzigartig. Einen Moment gönnt man sich noch, um hier zu verweilen, und nimmt dann den Abstieg nach Adelboden unter die Füsse. Eine kürzere Etappe über den Hahnenmoospass ins Simmental macht den Abschluss der Via Alpina «Bärentrek».
Via Alpina Westschweiz
Der vierte und letzte Abschnitt der Fernwanderung nennt sich Via Alpina Westschweiz und führt von Lenk nach Montreux. Die Strecke hat für jeden etwas zu bieten: Wer des Wanderns noch nicht müde ist und sich auf weitere Herausforderungen freut, wird die steilen Aufstiege herbeisehnen. Wer zu den Geniessern gehört, kann es kaum erwarten, in den Alphütten den am Feuer gefertigten Käse zu verkosten. Vielleicht sind die Wanderer der Via Alpina aber auch beides: Gipfelstürmer und Geniesser.
Den Orte Lenk also lassen die Wandervögel hinter sich, streifen über sanfte Alpweiden, durchs Luchsrevier und feuchtes Kalkkarrengebiet. Welch ein Weitblick, gerade richtig, um die vorhergehenden Etappen zu verdauen und sich mental für die nächste Herausforderung zu rüsten. Denn die steht als steiler Aufstieg zum Trüttlisbergpass bereits vor den Füssen und verlangt den Wanderern einiges ab. Der Tag endet wieder im Tal, im mondänen Gstaad, wo man sich kulinarisch rundum verwöhnen lassen und stärken kann.
Schon am nächsten Tag wandert man wieder auf einem aussichtsreichen Höhenweg, lässt Gstaad im Tal liegen und macht im Berghaus Eggli Rast, um anschliessend via Wilde Bode zur Sprachgrenze Col de Jable zu wandern. An der Route liegen mehrere Alphütten mit ausladenden Schindeldächern, die in ihren grossen Käsechessi ausgezeichneten Alpkäse herstellen. Aufgepasst, hier heisst es bald nicht mehr «Käse», sondern «fromage», denn die Sprachgrenze ist überschritten. Durch die Gorges du Pissot gelangt man zum grossen Tal Pays-d’Enhaut. Ein kurzer Bummel durch das schmucke Städtchen Châteaux-d'Oex lohnt sich, bevor man hinunter nach Rossinière wandert.
Nun kann der versierte Wanderer den Genfersee schon fast riechen. Forschen Schrittes geht es über die historische Brücke aus dem Jahr 1650 hinauf zum Col de Solomon und weiter zum Col de Chaude, wo sich der Blick auf den Genfersee öffnet. Die letzte Etappe der Via Alpina endet an der Bergstation der Zahnradbahn Rochers de Naye. Nicht nur um die Gelenke zu schonen sollte man das letzte Stück der Reise mit der Bahn zurücklegen. Nein: Die Fahrt mit der Bahn bietet einen unvergleichlichen Blick auf den glitzernden Genfersee, den man auf dem Weg hinunter nach Montreux Meter um Meter in vollen Zügen geniesst.