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Jura

Kundenreisebericht zum Jura Höhenweg von Dielsdorf nach Nyon

In 18 Tagen zu Fuss durch den Schweizer Jura

Über 300 Kilometer und fast 14'000 Höhenmeter erwarten Wanderer auf dem Jura-Höhenweg und es braucht deshalb einiges an Stehvermögen, den Schweizer Jura in einem Stück erwandern! Herr Gut hat solches bewiesen und uns einen anschaulichen Reisebericht geschickt, der das Auf und Ab einer solchen Reise anschaulich zur Geltung bringt.

Kundenreisebericht zum Jura Höhenweg von Dielsdorf nach Nyon
mittel

Tourencharakter

Für die teils steilen Anstiege über die Jurakette ist eine gute Grundkondition nötig. Die Wege sind gut ausgebaut und einfach zu begehen. Bei nassen Verhältnissen können diese aber teils rutschig sein.

Woche 1: Dielsdorf – Frinvilier

Dienstag 13.8., Etappe 1: Dielsdorf – Baden

Nach heftigen Hitzegewittern am Vorabend werden wieder gegen 30 Grad erwartet und ich besteige vor 8:00 h den Bus nach Dielsdorf, wo der erste Wegweiser „5“ für den Jurahöhenweg steht – viele Dutzend weitere werden in den nächsten 17 Tagen folgen und mir den Weg nach Nyon weisen. Der erste Aufstieg nach Regensberg ist bald geschafft und ich betrete das mittelalterliche, idyllische Dorf mit toller Aussicht in die Ebene noch vor den ersten Besuchern. Weiter bergauf folgt bald der östlichste Ausläufer des Juras, die Lägern. Auf immer schmalerem Pfad und danach im Wald bergab erreiche ich Baden bereits zum späten Mittagessen, kann mich nachmittags in der hübschen Kleinstadt umsehen und abends beim Italiener mit einem Kollegen auf die abgehakte erste Etappe anstossen.

Mittwoch 14.8., Etappe 2: Baden – Brugg

Wiederum ziehe ich einen frühen Start vor und bin um 8:00 h bereits durch die Gassen Badens unterwegs. Hinter dem Bahnhof heisst es «Treppensteigen» - ich gewinne schnell Höhe und lasse Baden unter und hinter mir - zum Aussichtspunkt Baldegg, wo ich den Turm besteige, um zum ersten Mal in die Ferne zu schweifen. Durch den Wald entkomme ich einer Horde Jugendlicher, welche auf Klassenfahrt gerade beim Turm zur Rast lagert und erreiche das Gebenstorfer Horn mit Sicht auf Turgi und den Zusammenschluss von Aare/Reuss/Limmat. Die kürzeste Etappe des Höhenwegs führt mich (gerade rechtzeitig vor Ankunft der sich wiederum lautstark ankündigenden Schüler) bald zur Reuss und dann entlang der Aare nach Brugg. Im Restaurant Römerturm in der sehenswerten Altstadt bestelle ich einen Salat und verbringe den Nachmittag lesend, Kaffee trinkend und flanierend im Städtchen, bevor ich einen in der Nähe wohnhaften Kollegen zum Dinner treffe, welches wir in Windisch einnehmen und ich danach ins sehr warme und stickige Schlafgemach zur Nacht zurückkehre.

Blick auf die Stadt Baden, Schweiz.

Donnerstag 14.8., Etappe 3: Brugg – Herzberg

Wieder ein sonniger Wandertag! Durch das erwachende Städtchen gehts danach gleich kernig los mit einem Anstieg auf der anderen Seite der Aare, welcher jedoch mit tollem Blick zurück schön belohnt wird. Die Jurahöhenzüge sind noch weit weg. Durch kleine Dörfer und Feldwege erreiche ich die Linde in «Linn», eine imposante, der Sage nach über 350 Jahre alte Linde mit schattigen Bänklein darunter, ideal für eine kleine Rast vor dem Aufstieg in die Wälder des Bözberg. Weit unten Effingen und irgendwo unter mir der Auto- und der Zugtunnel durch den Berg. Durch lange Waldpassagen erreiche ich die Staffelegg und ziehe gleich eine halbe Stunde weiter nach Herzberg ins gleichnamige Hotel. Das Seminarhotel liegt unglaublich ruhig im Nirgendwo mit Sicht durchs Tal nach Aarau. Ich freue mich über ein ebenso geräuscharmes Zimmer hinten hinaus, welches erfreulicherweise ganztags im Schatten liegt und entsprechend kühl ist.

 

Freitag 15.8., Etappe 4/5: Herzberg – Bärenwil

Aufgrund schlechter Prognosen für Sonntag entscheide ich mich, das vorher noch tolle Wanderwetter am Freitag/Samstag zu nutzen, um an diesen beiden Tagen jeweils durch „Vorholen“ einer halben Etappe am Sonntag einen Ruhetag zu «erlaufen». Das kleine Restaurant des Chalet Saalhöhe ist die erste Rast, wo ich im schattigen Garten ein Rivella bestelle.

Blick über die wunderschöne, hügelige Landschaft.

Nun geht es in stetem Auf und Ab erst auf die Zwischenziele Geissfluh und danach zur Burgweid. Den Wegweiser nach „Wisen SO“ mit dem nächsten Hotel lasse ich später rechts liegen, passiere den Hauenstein und steige bald auf unglaublich geradem und gleichmässigem Schotterweg zur Challhöchi auf, wo ich Panzersperren passiere, bevor auf einem Hochplateau idyllische Weiden, Wiesen und eine gut platzierte Bank im Schatten warten. Nun auf zur Belchenfluh. Viele Plaketten am Wegesrand erinnern an die wehrhafte Schweiz im Ersten Weltkrieg und die Kompanien, welche dort ausharrten. Die Belchenfluh liegt 10 Minuten vom Jura-Wegweiser Nr. 5. Nach kurzem Zögern biege ich aber ein – zum Glück! Die Felskanzel bietet die bislang schönste Rundumsicht!

Danach steige ich nach Bärenwil ab, um von dort das eigentliche Ziel in Wisen SO per Bus anzusteuern. Der Bus fährt jedoch leider nur am Wochenende, somit muss ich für den Weg ein Taxi ordern. Nach 18:00 h erreiche ich das Hotel noch knapp vor dem Gepäck und genehmige mir ein Festmahl mit Dessert nach diesen fordernden 1.5 Etappen.

Samstag 15.8., Etappe 5/6: Bärenwil – Weissenstein

Damit ich früh losziehen kann, hat mir die Gastgeberin das Frühstück im Kühlschrank „hinterlegt“ und ich ordere das Taxi auf 8:00 h (natürlich, der Bus fährt nicht nach Bärenwil heute …). Am Dorfbrunnen, den ich am Vorabend gefühlt halb ausgetrunken hatte, starte ich und finde mich schnell in starker Steigung wieder. Nach einer Stunde gefällt mir das einladende Restaurant/Hotel Tiefmatt, welches ein andermal für eine gemütliche, längere Einkehr gute Karten hätte.

Das konsumierte Getränk ist aber gut investiert – es folgt einer der „giftigsten“ Aufstiege des Jurahöhenwegs – kurz, aber heftig zum „Roggenschnarz“. Neblig und wolkenverhangen geht es auf dem schönen Grat danach leider ohne Aussicht weiter mit dem zur Route 5 kurzzeitig abweichenden steilen Gratweg (weiss-rot-weiss) direkt nach Klus/Thalbrücke. Hier wäre der Abzweig ins heutige Bed & Breakfast – ich nehme aber sogleich die 6. Etappe zum Weissenstein unter die Schuhe – in der Retrospektive folgt wohl einer der schwersten Anstiege des Höhenwegs. Stetig, teils steil und ohne Aussicht geht es auch bei zügigem Vorankommen mindestens 1.5 Stunden nur aufwärts durch den Wald. An der ersten Lichtung kommt das Restaurant Schwängimatt äusserst gelegen zur Stärkung und zum Wechseln der komplett durchgeschwitzten Kleider. Über Wiesen, Kieswege und Weideland erreiche ich später den von Bikern und Familien bevölkerten oberen Balmberg (Klettergarten) und schleppe mich in der letzten Stunde den Anstieg zum Weissenstein hoch. Beim schon fast obligaten Rivella um 17:00 h fehlt die Weitsicht vom Solothurner Hausberg komplett – ist mir aber egal. Die härteste Etappe ist geschafft. Als einer der letzten vor Torschluss fahre ich nach Oberdorf mit der Gondelbahn und gelange später nach Laupersdorf bei Balsthal in mein Quartier. Das familiengeführte B&B hat einladende, schöne Zimmer, welche von einer freundlichen Familie geführt werden. Die extern bestellte Pizza mit Bier aus dem hauseigenen Kühlschrank schmeckt nach dem happigen Tagesprogramm noch deutlich besser und hochzufrieden schliesse ich den Tag mit einer Süssigkeit ab. Die Belohnung – der freie Sonntag – liegt vor mir!

Weidende Schafe.

Sonntag 16.8. keine Etappe

Der formidable Eindruck des B&B bestätigt sich am grossen Tisch im ehemaligen Saal des Restaurants, wo in stimmigem Ambiente das Frühstücksbuffet auf einer Truhe liebevoll angerichtet ist. Fotos des Umbaus werden gereicht, welcher in der Coronaphase durchgeführt wurde.

Der freie Tag ermöglicht mir die stressfreie „Rückfahrt“ zum Weissenstein mit den ÖV – somit kann ich in Bus, Zug und Gondel die Beine hängen lassen und Eindrücke gewinnen, welche ich wandernd (siehe oben, oft im Wald wandernd) nicht hatte. Das angesagte regnerische Wetter ist eingetroffen – macht mir aber gar nichts aus. Gutgelaunt beziehe ich das – bei schönem Wetter – aussichtsreiche Zimmer auf dem Weissenstein und lasse es mir mit einem Buch und feinem Fisch mit regionalem Weisswein an meinem freien Tag gut gehen.

Wanderweg in Weissenstein

Weissenstein bei Sonnenschein.

Montag 17.8., Etappe 7: Weissenstein – Frinvilier

Für einmal geht es nicht mit einem Aufstieg los – die Etappe startet flach beim Hotel Weissenstein und bald steht ein Klangmobile am Wegesrand, dessen Klänge ich erst für eine hinter der Kurve grasende Kuhherde hielt. Nach steilem Anstieg erreiche ich Solothurns höchsten Punkt, die Hasenmatt. Zwar ist es windig, aber die Aussicht ist sensationell. Achtung beim folgenden Abstieg! Mehrmals rutsche ich in der noch nassen und schlammigen Kuhweide aus und kann mich nur knapp auf den Beinen halten. Über das gute Wetter bin ich heilfroh – die Abstiege sind meist trocken und ich stelle mir vor, wie ich im Regenwetter stets grosse Vorsicht walten lassen müsste.

Die folgende Passage über die flache Stallflue-Krete ist sehr malerisch – ich erspähe hier sogar eine Gruppe Gämsen mit 10-15 Tieren, welche sich erst verzieht, als ich mich auf 50 Meter heranpirsche. Später weist eine Warntafel auf eine Umleitung (Achtung Schafhütehund!), bevor ich über breite Juraweiden im oberen Grenchenberg einkehre. In dieser Region wimmelt es von Buvettes und Mètaries – man könnte mehrere Tage verbringen, diese zu besuchen. Der lange Abstieg nach Frinvilier führt sodann über weitere Weiden und Feldwege. Leider haben die restlichen Buvettes am Wegesrand geschlossen. Der finale Abstieg zieht sich wie Knetmasse in die Länge, oft im Wald. Letztendlich erreiche ich Frinvilier: Leider ein lärmiges Dorf, über welches die Schnellstrasse deutlich die Herrschaft gewonnen hat. Mit der Regionalbahn gelange ich nach Biel und schlendere in der geschäftigen Stadt, in der die Feierabendstimmung greifbar ist, zum Hotel, wo ich später schmackhafte «Filets meunière» geniesse.

Woche 2: Frinvillier – Le Pont

Dienstag 18.8., Etappe 8: Frinvilier – Chasseral

Die S-Bahn bringt mich wieder ins lärmige Transitdorf, welches ich schnellstmöglich hinter mir lasse und nach der Brücke in ein kleines, aber sogleich ansteigendes Weglein zum Chasseral einbiege. Im Wald gehts gleich mal zur Sache mit 600 Höhenmetern, bis man erstmals eine Weide sieht. Hilfreich ist, dass zunächst noch Hochnebel herrscht und die Hitze erträglich ist. Mit dem Austritt aus dem Wald lichtet sich aber gleichzeitig der Nebel – die Nebelschwaden mit stahlblauem Himmel ergeben schöne Momentaufnahmen. Weiter bergauf, nun auch über Kuhweiden und Wiesen, erreiche ich später die Baumgrenze und kann den Gipfel des Etappenziels, den Chasseral, sehen. Besser gesagt die Kuppe „Signal“, welche 20 Minuten zu Fuss vom Parkplatz liegt. Auf dem höchsten Punkt ist es zwar sonnig, Aussicht aufs Mittelland gibts aber wegen eines ausgedehnten Wolkenbandes gleich darunter leider nicht. Unten beim Hotel lichtet sich teilweise die Wolkendecke und das Dreiseenland dehnt sich aus.

Ich werde vom netten Gastgeber der nächsten Pension abgeholt, da der Weg dorthin umständlich ist. Es ergibt sich also eine kleine Lücke im Höhenweg – egal. Die Pension im kleinen Wintersportort Les Bugnenets hat heute eigentlich geschlossen. Wir vereinbaren für abends einen „Salade composée“, welchen ich im Kühlschrank vorfinde. Er ist wirklich hervorragendend und raffiniert zubereitet! Wie ich feststelle, handelt es sich ausserdem um das Wohnhaus der Familie Cuche, welche hier gewirtet hat. Sohn Didier hat das Skifahren im nahen Skiresort erlernt.

Mittwoch 19.8. - Etappe 9: Les Bugnenets – Vue des Alpes

Die heutige Etappe ist mit 4.5 Stunden kurz und führt zuerst zurück zum Jurahöhenweg Nr. 5. Die Sonne mag nicht recht durchkommen und im ersten Anstieg bläst ordentlich Wind. Ein nicht geschnittener Wiesenweg durchweicht Schuhe und Socken sofort und ich fühle mich, wie wenn ich im Sumpf laufen würde. Rechtzeitig zum Aufstieg auf den Mont d’Amin kommt die Sonne dann doch raus. Dennoch suche ich auf dem Gipfel Schutz vor dem Wind an einer Picknick-Bank. Bis zur Passhöhe des Vue des Alpes ist es nicht mehr weit, bald schon höre ich die knatternden Motorräder und esse im Restaurant zu Mittag. Das Timing ist perfekt, um die eine von nur zwei täglichen Busfahrten um 14:00 h nach La Chaux-de-Fonds zu absolvieren.

Im Zentrum steige ich aus und gelange in das Nachtquartier des Hotel Athmos. Das Einkaufscenter auf der anderen Strassenseite kommt mir gelegen, um mich mit Früchten für die nächsten Tage einzudecken. Das Abendessen im Asiaten um die Ecke ist hingegen nur knapp geniessbar und wohl jene Mahlzeit während des gesamten Höhenweges, welche ich zuerst tauschen würde.

Sendeturm auf dem Chasseral.

Donnerstag 20.8., Etappe 10: Vue des Alpes – Noirague

Mit dem Taxi geht es zurück auf die Passhöhe, um sofort den ersten Anstieg in Angriff zu nehmen. Nach einem kleinen, heftigen Schlussanstieg stehe ich nach gut einer Stunde bereits auf dem Mont Racine und blicke zum Neuenburgersee hinunter sowie hinter mir zurück nach La Chaux-de-Fonds. Es folgt ein sehr aussichtsreicher Streckenteil dem Höhenzug entlang – oft im Blick der Neuenburgersee. Insbesondere erwähnenswert die Aussichtspunkte Col de la Tourne und Tablettes.

Bald darauf beginnt der lange Abstieg nach Noirague. Meist auf dem Grat mit Blick auf die gegenüberliegende Seite und auf federndem Waldweg, später steiler und sich ordentlich hinziehend bis zum Bahnhof Noirague. Hier genehmige ich mir ein Kaltgetränk und gelange mit Zug und Bus nach Couvet zum Hotel de l’Aigle – das einzige Hotel, in dem ich zwei Nächte schlafe. Das altehrwürdige Haus gefällt mir und ist Treffpunkt des Dorfes und entsprechend gut besucht zum Abendessen. Beim folgenden Verdauungsspaziergang fällt auf, dass im beschaulichen Dorf wirklich alles zum Leben vorhanden ist – Bank, Post, Apotheke, Bars, Bäckerei, Metzger, Zahnarzt. Auch Bike- und Elektrogeschäft und Kino gibts in dem Ort im schönen Val de Travers mit nicht mal 3000 Einwohnern.

Freitag 21.8., Etappe 13: Ste-Croix – Vallorbe

Wiederum zieht just am Sonntag eine Regenfront auf – ich möchte aber das weiterhin famos gute Wetter gebührend nutzen. Da ich mehrmals beim Creux du Van war, lasse ich diese Zusatzschlaufe (Etappe 11) aus und hole stattdessen Etappe 13 vom Sonntag vor. Mangels ÖV-Angebot lasse ich mich vom ortsansässigen Taxi nach Ste-Croix hochfahren und nehme die Etappe nach Vallorbe in Angriff. Nach kurzem Anlaufen über die Wiesen zum Bach gehts sogleich in die Steigung zur Aiguille de Baulmes. Die erste Beiz oben nach dem Wald sieht einladend aus, öffnet aber leider erst später – schade. Nach 10 Minuten erreiche ich jedoch einen sensationellen Aussichtspunkt und raste dort. Der Weg folgt weiter bergan, stets dem jäh abfallenden Grat entlang bis zum Gipfel auf Wiesengebiet. Nach einigem Auf und Ab kehre ich knapp vor der Mittagszeit im Chalet Grange-Neuve zum Essen ein. Wohl kein Geheimtipp. Von überall kommen Wanderer und Einheimische und lassen sich bewirten. Nachvollziehbar ist es: Service und Qualität stimmt und mehr Alpstimmung geht fast nicht.

Bald folgt ein fieser kurzer Gegenanstieg zum Suchet, wo ich den letzten Abzweiger jedoch verpasse und auf dem Nachbargipfel lande – bei ebenfalls sensationeller Sicht auf Neuenburger- und Genfersee.

Der Abstieg nach Vallorbe will wieder nicht enden. Insbesondere die letzte Stunde ab Ballaigues ist hart in der heissen Nachmittagssonne und das Dorf Vallorbe lang gestreckt. Letztendlich treffe ich – vermeintlich zu spät – am Dorfplatz ein, um den stündlichen Bus nach Yverdon zu erwischen. Aber oha! Er ist verspätet und kommt eben um die Ecke. Blöd nur, dass er wegen des Feierabendverkehrs (Grenzgänger!) 25 Minuten Verspätung kumuliert und ich meinen Anschluss verpasse. Der Ärger hält sich jedoch in engen Grenzen, da ich diese 7-Stunden-Etappe nun bewältigt habe und Aussicht auf einen nochmaligen freien Tag habe. Zurück in Couvet geniesse ich entsprechend das Abendessen und lasse mich von den französischen Chansons aus dem Radio berieseln.

Durch den Wald.

Samstag 22.8., Etappe 12: Couvet – Ste-Croix

Ein warmer und guter Wandertag ist angesagt und der Wegweiser in Couvet besagt, dass ich für den Anstieg gute 5 Stunden auf den Chasseron benötigen werde! Ich starte früh und schlendere erst gemütlich dem plätschernden Fluss entlang ins beschauliche Môtiers. Im folgenden Wald gehts dann aber zur Sache – 1000 Höhenmeter warten bis nach oben. Oft im menschenleeren Wald auf kleinen, steilen Pfaden, einmal auf Treppen durchs tosende Tobel, wo ich mich aber stets an Ketten/Geländern halten kann.

Weiter oben gehts nicht mehr arg so steil weiter und dazu in offenerem Gelände mit Kuhweiden und Wiesen. Den Chasseron mit der grandiosen Fernsicht erreiche ich bei starken Böen und trete gerne in das windgeschützte Restaurant ein. Ein gemischter Salat mit Rivella ist hier mein Gipfelmahl, bevor ich den eher kurzen Abstieg nach Ste-Croix bewältige. Die Sonne brennt unbarmherzig und ich bin froh, das Hotel de France nach fast 7 Stunden Wanderzeit zu erreichen. Der Fisch zum Essen schmeckt gut, der klare Höhepunkt ist jedoch danach die gebrannte Crème mit Fenchel und Absinthe – empfehlenswert!

Sonntag 23.8.: keine Etappe

Aufgrund der am Freitag vorgeholten 13 Etappe kann ich mir einen faulen Tag einziehen und «muss» lediglich nach Vallorbe gelangen. Die Bahn bringt mich nach Yverdon, danach besteige ich den Bus nach Vallorbe, wo ich gegen Mittag bereits eintreffe. Ich streife erst im Dorf umher und kehre dann am Hauptplatz zum kleinen Salat ein, bevor ich den aktuell fesselnden Lesestoff, einen isländischen Krimi, zur Hand nehme. Bald erhalte ich den Code, um ins gegenüberliegende Hotel de la Concorde direkt am Fluss einzutreten. Ein sehr schönes Zimmer, idyllisch am Fluss – was will man mehr! Mit einigen Lesestunden und dem Abendessen sowie dem späteren Spaziergang durch das Dorf geht dieser Faulenztag zu Ende.

Blick auf den See.

Montag 25.8., Etappe 14: Vallorbe – LePont

Nach dem Morgenessen, welches in der Bäckerei L’enka reserviert war, breche ich gegen 9:00 h auf und finde mich bald auf der stetig ansteigenden Strasse zum Dent de Vaulion wieder. Die Sonne mag noch nicht recht durchdrücken und der Aufstieg ergibt vorerst keine Fernblicke. Fast oben auf dem Vaulion schrecken ein paar Gämsen auf und jagen im Nebel davon.

Die Geduld am Gipfel zahlt sich jedoch aus, denn nach einer halben Stunde kann ich zumindest hinunter ins Vallée de Joux sehen und die beiden Seen erblicken. Die Buvette gleich unterhalb lasse ich unbesucht – mich interessiert das Dorf Le Pont und der Lac de Joux. Nach 4 Stunden Wanderzeit treffe ich zum späten Mittagsmahl mit einem kleinen Salat im Hotel de la Truite ein und checke später hier ein. Die kleine Promenade ist nett gelegen und abends herrscht mit der langsam untergehenden Sonne eine schöne Abendstimmung, welche ich wiederum ich Hotelrestaurant geniesse.

Woche 3: Le Pont – Nyon

Dienstag 26.8., Etappe 15: Le Pont – Col du Marchairuz

Während im Unterland die Sonne lacht, fängt hier auf 1000 Metern über Meer der Tag wolkenverhangen an. Ein Kollege aus Zürich ist um 6:00 h in Zürich aufgebrochen, damit wir um 9:00 h zur Etappe starten können. Wir wandern erst am See entlang nach Abbaye, damit ich den letzten Teil des Vorabends nicht nochmals laufe und starten dann mit dem stetigen Aufstieg Richtung Mont Tendre, knapp 4 Stunden ab Le Pont entfernt. Der Aufstieg ist kurzweilig in typischer Juralandschaft mit Hochweiden, Trockenmauern, Wald und Wiesen.

Nach einer kleinen Pause in der Buvette de la Tendre besteigen wir die letzten Meter des Mont Tendre und erreichen somit das «Dach» des Höhenwegs auf knapp 1'700 Metern über Meer mit Blick über die Jurabergketten bis nach Genf zur Wasserfontäne. Wir schlendern nun weiter zum Col du Marchairuz, wo mein nächstes Hotel wartet. Das Hotel hat heute geschlossen, wie ich nun überraschend erfahre – man lässt mich aber dennoch eintreten und offeriert mir später sogar das umfangreiche Abendessen, welches ich als natürlich einziger Gast in diesem grossen Gasthof einnehme.

Mittwoch, 27.8. – Etappe 16: Col du Marchairuz – St-Cergue

Abermals ein sonniger Tag. Ich kann das Morgenessen sogar auf der Terrasse der Passhöhe auf dem Marchairuz einnehmen und mache mich um 9:00 h auf den Weg zu der mit 4.5 Stunden eher kurzen Etappe. Die Crète de la Neuve nach gut 1 Stunde öffnet den Weitblick wiederum über den Genfersee. Einige Wanderübertritte weisen wiederholt auf die Anwesenheit von Wölfen hin und entsprechende Vorsicht, welche auf den Weiden mit Kühen zu walten sei. Gleichzeitig mahnen mehrere Hinweise: Stier im Gehege! Glücklicherweise habe ich aber nie mulmige Momente zu überstehen und erreiche St-Cergue nach dem Mittag.

In einer Bar verweile ich ein wenig und besteige dann den Zug nach La Cure zu einem speziellen Hotel. Das Haus des Hotel Franco-Suisse liegt genau auf der Grenze – insbesondere mein Zimmer 6 mit Kopfende in der Schweiz, Fussende in Frankreich. Das Hotel hat Eingänge aus beiden Ländern, mein Tisch zum Essen liegt später im (kleineren) Schweizer Teil, es gibt 2 Adressen und Telefonnummern, Zahlung in Bar jedoch nur in Euro möglich. Der Grenzstein hinter dem Haus fällt auf; auch die Katze, welche sich auf dem Nachbartisch sonnt. Der Wegweiser auf der französischen Seite zeigt nach «Genève» - durchaus unterhaltend, mein Kurzaufenthalt «auf» der Grenze.

Steinmauer entlang des Jura Höhenweges.

Donnerstag, 29.9. – Etappe 17: St-Cergue – Nyon

Zum Schluss die längste Etappe: Gute 7 Stunden werden über den Dôle nach Nyon veranschlagt. Immerhin verläuft der Aufstieg zum letzten Gipfel des Höhenwegs meist gleichmässig ansteigend – nur zum Schluss am jäh abfallenden Hang wirds ein wenig mulmig. Schon erreiche ich aber den letzten Gipfel und geniesse nochmals den Rundblick nach Genf sowie nach Frankreich auf die Jurahöhen.

4.5 Stunden werden hier nach Nyon angegeben, welche dann zur Durchhalteübung werden. Gut die Hälfte des Weges erfolgt durch endlose Schleifen und im Wald, danach 2 Stunden in der gleissenden Sonne in der Ebene zur Kleinstadt Nyon am Lac Léman. Im Grunde recht öde, jedoch stellt sich langsam das Gefühl ein, diese 17 Tage des Jurahöhenwegs nun hinter mich gebracht zu haben – fast 14'000 Höhenmeter hoch und runter bin ich über 300 Kilometer gewandert. Beim Bahnhof Nyon bin ich glücklich, den Höhenweg ohne Zwischenfälle, Blasen und bei hervorragendem Spätsommer-Wanderwetter ohne Gewitter gemeistert zu haben. Zur Feier des Tages genehmige ich mir einen grossen, frisch gepressten Fruchtsaft – herrlich!

Unsere Touren entlang des Jura Höhenweges

Portrait Selina Spahn

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Selina Spahn

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