Es war keine Liebe auf den ersten Blick zu Euch, vielmehr eine praktische Beziehung. Jahrzehntelang. In Zürich spart man sehr viel Zeit, wenn man sich Euer auf sportliche Weise bedient. Manche von Euch sind mir im Laufe der Zeit abhandengekommen - infam gestohlen!
Vor allem in jenen fernen Tagen, als am Letten im Herzen der Stadt unter den Augen der Weltpresse fast postapokalyptische Verhältnisse herrschten. Drogen waren teuer damals und für deren Beschaffung wurde buchstäblich alles geklaut, was nicht niet- und nagelfest war. Nicht mal ein biblisches Alter vermochte Euch davor zu bewahren. Aus diesem Grund habe ich damals auch nie viel Geld für euresgleichen ausgegeben. War wieder einmal eines weg, habe ich ihm nicht lange nachgeweint.
Erst viele Jahre später, als ich wieder einmal mit dem Rauchen aufhören wollte und ich mir schon die zusätzlichen Kilos ausrechnete, die dieser Plan erneut auf meine Rippen bringen würde, kam ich auf die Idee, aus einer sportlichen Fahrweise tatsächlich einen Sport zu machen – meinen Sport! Seitdem sammle ich mit Euch Kilometer, über die ich – etwas marottenhaft - auch akribisch Buch führe.
Mein Verhältnis zu Euch ist aber ein sachliches geblieben. Der Fetisch mit seinen fast erotisch aufgeladenen Putzritualen, den manche um Euch machen, ist mir völlig fremd. Die Stunden, die ich für Eure Reinigung bislang aufgewendet habe, lassen sich wohl immer noch an zwei Händen abzählen. Ich überlasse das dem Fachmann, der Euch einmal im Jahr gründlich überholt.
Unabhängig davon möchte ich Euch aber definitiv nicht mehr missen in meinem Leben. Wer mit Euch auf einem Berg steht, hat es selber dort hinaufgeschafft. Das ist deutlich cooler, als lediglich ein tumbes Pedal durchgetreten oder an einem Gasgriff gedreht zu haben. Aber auch die unweigerlich folgende Vernichtung der Höhenmeter, die man sich doch gerade eben erst erstritten hat, macht sehr viel Spass. Diese Form des Geschwindigkeitsrausches werde ich mit einem Motor unter meinem Hintern kaum jemals haben – nicht in diesem Leben!
Aber eben: Meine Liebe gilt letztlich dem, was ich mit Euch erleben kann, nicht Euch selbst. Ihr seid eigentlich nur schnödes Mittel zum Zweck. Doch zu meinem Glück könnt Ihr mir das nicht übel nehmen. Wer weiss, was Euch aus gekränkter Eitelkeit sonst alles einfallen würde…